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Erbrecht eines Landes wählen?

Eu-Erbrecht
Erbrechtliche Rechtswahl
 
Die Wahl des maßgeblichen Erbrechts sollte stets erwogen werden:
Nach der EU-Erbrechtsverordnung ist das Erbrecht des EU-Mitgliedstaates anwenbar,  wo der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Diese Anknüpfung kann nachteilig sein, etwa wenn nicht klar ist, wo der gewöhnliche Aufenthalt liegt. Soll etwa das "spanische" Erbrecht anwendbar sein, wenn der Deutsche die Hälfte des Jahres in der Sonne verbringt?
Was ist mit dem Rentner, der nur noch für seine letzten Lebensjahre Erholung auf Sizilien sucht. Soll dann italienisches Erbrecht anwendbar sein?
Um solche Schwierigkeiten, die in einem Kampf der Erben um die zuständigen Gerichte und Erbrechte münden kann, zu vermeiden, sieht die Erbrechtsverordnung die Möglichkeit einer erbrechtlichen Rechtswahl vor.

Für deutsche Erblasser, die auch weiterhin in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt bis zum Tod beibehalten werden, ist eine Rechtswahl des deutschen Rechts nicht erforderlich. Wegen des Aufenthalts in Deutschland gilt dann sowieso das deutsche Recht. Aber wichtig: das Erbrecht kann sich mit einem Umzug ins Ausland verändern. Daher bietet sich schon rein vorsorglich eine Rechtswahl an.
Zu bedenken ist auch, dass ausnahmsweise auch das Recht des EU-Staates angewandt werden kann, zu dem offensichtlich eine engere Verbindung besteht (Art. 21 Abs. 2 ErbVO).

Der Erblasser kann sein Heimatrecht wählen, also das Recht dessen Staatsbürgerschaft er hat, aber auch das Recht des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und zwar nach den Verhälntissen zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechtswahl als auch zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers, vgl. Art. 22 Abs. 1 EuErbVO.

Wirkung der Rechtswahl
Wird die Rechtswahl ausgeübt, so gilt die Wahl des Erbrechts für den gesamten Nachlass. Erfasst wird also auch Nachlassvermögen im Ausland. Das entspricht dem Grundssatz der Nachlasseinheit, im Gegensatz zur einer möglichen sog. Nachlassspaltung.
Diesem Recht unterliegen nach Art. 23 EuErbVO insbesondere:
a) die Gründe für den Eintritt des Erbfalls sowie dessen Zeitpunkt und Ort;
b) die Berufung der Berechtigten, die Bestimmung ihrer jeweiligen Anteile und etwaiger ihnen vom Erblasser auferlegter Pflichten sowie die Bestimmung sonstiger Rechte an dem Nachlass, einschließlich der Nachlassansprüche des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners;
c) die Erbfähigkeit;
d) die Enterbung und die Erbunwürdigkeit;
e) der Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte, Rechte und Pflichten auf die Erben und gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer, einschließlich der Bedingungen für die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses und deren Wirkungen;
f) die Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter, insbesondere im Hinblick auf die Veräußerung von Vermögen und die Befriedigung der Gläubiger, unbeschadet der Befugnisse nach Artikel 29 Absätze 2 und 3;
g) die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten;
h) der verfügbare Teil des Nachlasses, die Pflichtteile und andere Beschränkungen der Testierfreiheit sowie etwaige Ansprüche von Personen, die dem Erblasser nahe stehen, gegen den Nachlass oder gegen den Erben;
i) die Ausgleichung und Anrechnung unentgeltlicher Zuwendungen bei der Bestimmung der Anteile der einzelnen Berechtigten und
j) die Teilung des Nachlasses.

Form der Rechtswahl
Eine erbrechtliche Rechtswahl muss ausdrücklich in der Form einer Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) getroffen werden.
Ob die Rechtswahl wirksam erfolgt ist, bestimmt sich nicht nach dem gewählten Recht, sondern grundsätzlich  nach dem allgmeinen Formstatut (Art. 27 EuErbVO).
Für Deutschland gilt allerdings (wohl inhaltsgleich) das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht.
Rechtsanwalt Dr. Buerstedde - Fachanwalt für Erbrecht - hilft Ihner Rechtswahl.

Rechtswahl nach Art. 22 EU-ErbVO
  1. Eine Person kann für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.Eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, kann das Recht eines der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.
  2. Die Rechtswahl muss ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben.
  3. Die materielle Wirksamkeit der Rechtshandlung, durch die die Rechtswahl vorgenommen wird, unterliegt dem gewählten Recht.
  4. Die Änderung oder der Widerruf der Rechtswahl muss den Formvorschriften für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen entsprechen.

Rechtswahl des Errichtunngsstatuts bei einseitigen Testamenten, Artikel 24 EU-ErbVO
  1. Die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags unterliegen dem Recht, das nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn die Person, die die Verfügung errichtet hat, zu diesem Zeitpunkt verstorben wäre.
  2. Ungeachtet des Absatzes 1 kann eine Person für die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit ihrer Verfügung von Todes wegen das Recht wählen, das sie nach Artikel 22 unter den darin genannten Bedingungen hätte wählen können.
  3. Absatz 1 gilt für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags entsprechend. Bei Rechtswahl nach Absatz 2 unterliegt die Änderung oder der Widerruf dem gewählten Recht.

Kosten der notariellen Rechtswahl
Seit dem 1. August 2013 kostet die Rechtswahl in einem notariellen Testament oder Erbvertrag zusätzlich.
Die ist in § 111 Nr. 4 GNotKG geregelt. Die Addition erfolgt nach § 35 Abs. 1 GNotKG.
Geschäftswert ist gemäß § 104 Abs. 2 GNotKG 30% des nach § 102 GNotKG zu bestimmenden Nachlasswertes.
Angesichts des sehr überschaubaren Tätigkeit des Notars - und der bereits erfolgten generellen Gebührenerhöhung - ist die zusätzliche Gebühr m. E. nicht gerechtfertigt.
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Erbrechtliche Rechtswahl eingeschränkt
Die Wahl des maßgeblichen Erbrechts ist nur eingeschränkt möglich.
Hintergrund ist die Vermeidung eines "forum shippings". Der künftige Erblasser kann - zumindest nicht ohne größeren Aufwand - das Erbrecht eines Staates wählen, in dem die Pflichtteilsansprüche geringer sind.

Erbrechtliche Rechtswahl bei einseitigem Testament
Rechtswahl bei einseitigen Testamenten
Bei einseitigen Testament - anders bei gemeinschaftlichen Testamenten (Berliner Testament) oder Erbverträgen bestehen folgende Möglichkeiten der Rechtswahl.
1. Der Erblasser kann lediglich die Frage des maßgeblichen Rechts für die Zulässigkeit und materiellen Wirksamkeit des Testaments wählen, Art. 24 Abs. 2 EU ErbVO. Er wählt dann also nur das Errichtungsstatut. Hiervon erfasst sind Fragen der Testierfähigkeit, die Folge von Willensmängeln (Erklärung, Inhalts- und Motivirrtum), Auslegugnsfragen, u.a. Nicht von der Wahl betroffen ist als das Erbstatut, also die Fragen des materiellen Erbrecht - wer z.B. erbt.
2. Die Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO betrifft das allgemeine Erbstatut.
3. Der Erblasser kann sowohl  das Errichtungs- als auch Erbstattut einer bestimmten Rechtsordnung wählen.

Rechtswahl beim gemeinschaftlichen Testament und Erbverträgen
Gesondert geregelt ist die Rechtswahl für gemeinschaftliche Testamente, wie dem Berliner Testament,  und Erbverträge, bei denen Verfügungen wechselbezüglich und damit bindend werden können.
Die Rechtswahl ist auch für Erb- oder Pflichtteilsverzichtsverträge sowie Zuwendungsverzichtsverträge möglich.
Wiederum gibt es drei Wahlmöglichkeiten:
  1. Die Beteiligten können ein Errichtungsstatut (Vertragsstatut) vereinbaren, Art. 25 Abs. 3 EU-ErbVO. Dann ist das gewählte Recht maßgeblich für Fragen der Zulässigkeit, materiellen Wirksamkeit und Bindungswirkung, sowie für die Vorassetzungen seiner Auflösung.
  2. Möglich ist auch lediglich die Wahl des maßgeblichen gemeinsamen Erbstatuts.
  3. Schließlich ist sowohl die einheitliche Wahl des Errichtungs, als auch des Erbstatus möglich.
Erstaunlich ist, dass die Beteiligten nicht das selbe Recht wählen müssen. Dann muss der Vertrag aber nach beiden Rechtsordnungen zulässig sein.


Rechtswahl beim Berliner Testament
Die Rechtswahl nach der EU-Erbrechtsverordnung kann vertragsmäßig bzw. wechselbezügliche Verfügung getroffen werden.
Dies wurde im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch aufgenommen.

§ 2278 BGB Zulässige vertragsmäßige Verfügungen
(1) In einem Erbvertrag kann jeder der Vertragschließenden vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen treffen.
(2) Andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Erbrechts können vertragsmäßig nicht getroffen werden.

§ 2270 BGB Wechselbezügliche Verfügungen
(1) Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen getroffen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, so hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge.
(2) Ein solches Verhältnis der Verfügungen zueinander ist im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.
(3) Auf andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Erbrechts findet Absatz 1 keine Anwendung.

Bindungswirkung beim Berliner Testament
Wechselbezügliche Verfügungen sind bei gemeinschaftlichen, vor allem Ehegattentestamenten, etwa dem "Berliner Testament" sehr beliebt.
Wenn eine Verfügung wechselbezüglich getroffen wurde, dann soll diese vom anderen Ehegatten nicht mehr geändert werden können, sobald der Erstversterbende verstirbt.
Typischerweise soll etwa bei einer wechselbezüglichen Schlusserbeinsetzung der Kinder, der überlebende Ehegatte die Einsetzung der Kinder nicht mehr ändern können.
Diese Möglichkeit besteht auch nun hinsichtlich der Rechtswahl.
Der überlebende Ehegatte soll dann die Wahl des anzuwendenden Erbrechts nicht mehr ändern dürfen.
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