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Stellungnahme-Lechner

Europäisches Erbrecht

Kurt Lechner zur Erbrechtsverordnung im EU-Parlament

Stellungnahme von Herrn Kurt Lechner im Europäischen Parlament:

"Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Für europäische Bürger, die Vermögen in einem anderen Land besitzen oder in einem Land als ihrem Heimatland leben, ist es derzeit praktisch unmöglich, ihren Nachlass vernünftig und rechtssicher zu planen. Die Erben ihrerseits stehen vor Konflikten, die teilweise unlösbar sind, in jedem Falle aber Zeit und Geld kosten.

Zwölf Millionen EU-Bürger leben in einem anderen Mitgliedstaat. Viele haben Vermögen in einem anderen Land. 13 % der Ehen sind gemischtstaatlich und ca. 20 Millionen Drittstaatsangehörige leben in der EU. Sie alle sind betroffen. Die Notwendigkeit einer einheitlichen europäischen Regelung liegt auf der Hand. Künftig können die Bürger wählen und bestimmen, dass das Erbrecht ihres Heimatstaates für ihren Nachlass gelten soll. Dieses Wahlrecht ist für die meisten Mitgliedstaaten etwas völlig Neues. Trifft ein Bürger keine Rechtswahl, so gilt für seinen Nachlass das Erbrecht des Staates, in welchem er zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Lebensmittelpunkt hatte.

Dass danach jeweils maßgebliche Erb- und natürlich auch Pflichtteilsrecht gilt für den gesamten Nachlass. Einschließlich Grundbesitz, gleichgültig, wo er sich befindet. Es wird also keine Nachlassspaltungen mehr geben. Die Gerichte werden in den meisten Fällen ihr eigenes Recht anwenden können, und im Gegensatz zu bisher werden gerichtliche Entscheidungen künftig wechselseitig anerkannt.

Für die Erben, die sich bisher in mehreren Staaten mit Behörden und Gerichten herumschlagen mussten, ist besonders wichtig, dass ein europäisches Nachlasszeugnis geschaffen wird, welches in allen Mitgliedstaaten als Erbnachweis anerkannt werden muss und verwendet werden kann für Eintragungen in Register und Grundbücher, aber auch bei Verfügungen über Nachlassgegenstände, wie beispielsweise über Bankkonten. Das bringt eine riesige Erleichterung und Vereinfachung für die Bürger, einen echten Nutzen, spart Zeit und Geld!

Ich will noch kurz auf einige Einzelpunkte hinweisen. Erstens: Die Verordnung gilt nicht für die Erbschaftssteuer. Diese bleibt unverändert. Das ist immer die erste oder zweite Frage, die von den Bürgern gestellt wird, und sie wäre in der Tat eine eigene Initiative wert.

Zweitens: Das jeweilige nationale Erb- und Pflichtteilsrecht bleibt unverändert. Drittens: Die neuen Regelungen gelten erst drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung. Viertens: Das Vereinigte Königreich und Irland haben von ihrem Opt-out Gebrauch gemacht. Wir hoffen, dass sie sich anschließen. Das gilt auch für Dänemark.

Im Unterschied zu anderen Verordnungen auf diesem Gebiet wie zum Beispiel Rom I oder Rom II, handelt es sich nicht um eine Kodifizierung und Abrundung bereits vorliegender Abkommen, sondern um eine für alle Mitgliedstaaten grundlegende neue Schöpfung. Die hervorragende Qualität des Vorschlags der Kommission verdient aus diesem Grund besondere Anerkennung und besonderen Respekt. Gleichwohl wurden im Verlaufe der Beratungen über zweieinhalb Jahre noch erhebliche Verbesserungen erzielt. Das ist der intensiven Zusammenarbeit aller Institutionen zu danken. Ich danke den Kollegen im Rechtsausschuss für ihre wichtigen Beiträge und ihre Unterstützung, womit einige wesentliche Verbesserungen und Ergänzungen erreicht werden konnten.

Ausdrücklich gilt dies aber auch für den Rat, der in allen Formationen das Dossier intensiv bearbeitet und zu Klärungen und Verbesserungen beigetragen hat. Ein besonderer Dank gilt der dänischen Präsidentschaft, die die Diskussionen zum Abschluss gebracht, den Sack gewissermaßen zugemacht hat. Schließlich noch einmal ein Dank an die Kommission, die nicht nur einen guten Vorschlag vorgelegt hat, sondern auch die Beratungen fachlich und inhaltlich hervorragend begleitet und beeinflusst hat.

Weil wir gerade eben über Genderpolitik gesprochen haben, Frau Kommissarin, darf ich mir die Bemerkung erlauben, dass die Beratung und Begleitung seitens der Kommission nach meiner Sichtweise ausschließlich von Frauen erfolgt ist. Bitte leiten Sie meine Dankesworte weiter. Für die Bürger ist die Verordnung vergleichsweise einfach und verständlich. In den Beratungen waren jedoch schwierige Fragen zu beantworten und zu klären. Alle hatten den Willen, eine gemeinsame Lösung zum Wohle der Bürger zu finden. Deswegen haben alle etwas nachgegeben, damit es für alle gemeinsam besser wird. Auch hierfür meinen herzlichen Dank!"


Erbrecht in Europa - Rechtsberatung von Rechtsanwalt Dr. W. Buerstedde - Erbrechtshotline: 0900 10 40 80 1 | kanzlei@gutjur.de

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